Darf ich Alotau besuchen?



Seit siebeneinhalb Monaten lebe ich nun auf einer Insel und habe kaum davon berichtet, wie es sich mit der Beschaffung von Gütern verhält.
Ich habe ja bereits vor langer Zeit von den verschiedenen Booten berichtet: es gibt meine favorisierten Dinghys, mit denen man die Stadt Alotau in etwa anderthalb Stunden erreichen kann (auf dem Rückweg dauert es dann etwas länger, weil ja die ganzen Waren dabei sind), die Kanus - vorwiegend für den Transport an den Markttagen verwendet, an denen die Menschen aus der Umgebung ins Missionszentrum kommen - und das Miva-Boot, dem ich seit dem denkwürdigen 20. September 2019 nach einer wenig amüsanten viereinhalbstündigen Fahrt in die Stadt den Rücken gekehrt hatte. M.I.V.A. steht für "May I visit Alotau?", also "Darf ich Alotau besuchen?".
Alotau ist DER Ort unserer Provinz, an dem man größere Einkäufe erledigt. Die Stadt ist nicht so besonders groß und auch ansonsten nicht besonders, aber es gibt dort zwei größere Supermärkte, eine Bank und eine ganze Reihe an kleinen Geschäften.
Wir sind auf Sideia zwar umgeben von Wasser, Früchten, Gemüse und Süßkartoffeln, aber um eine ganze Schule satt zu bekommen, benötigt es natürlich noch einiger anderer Nahrungsmittel.
Deshalb fährt das Miva regelmäßig nach Alotau, wo die Schwestern Einkäufe erledigen - für die Schule und für unsere Gemeinschaft, und natürlich werden auch alle Canteen-Waren in Alotau eingekauft. Kleinere Einkäufe können natürlich mit dem Dinghy transportiert werden, und seit meinem Miva-Erlebnis präferiere ich das sehr (obwohl ich sowieso nicht sonderlich oft in die Stadt fahre. Tatsächlich war ich vor dem letzten Dienstag seit Januar nicht in Alotau.)
Nun möchte ich aber davon berichten, wie diese Stadt während des Lockdowns aussieht.
Bereits am Vortag musste eine polizeiliche Erlaubnis eingeholt werden, damit wir überhaupt in Alotau anlegen dürfen. Dort wurden erstmal auch alle Namen der Reisenden überprüft. Außer uns waren kaum andere Dinghys dort und die Stadt ist erstaunlich leer und ruhig!
In der Bank und in den Geschäften tragen die Leute Masken und weisen die Kunden an, zu Allen und Allem einen Abstand von einem Meter zu wahren. Auch die Taxifahrer tragen Masken. Vor dem Betreten jedes Geschäftes muss man sich die Hände waschen, und dann laufen überall irgendwelche Leute mit Megafonen herum und fordern alle auf, nach Hause zu gehen und nicht unter den Bäumen herumzusitzen. Außerdem laufen Krankenschwestern herum und verbreiten, ebenfalls über Lautsprecher, Informationen über den Corona-Virus. Es wirkt schon ziemlich extrem....jedenfalls in Anbetracht der Tatsache, dass es bis auf die zwei nachgewiesenen Fälle, von denen einer das Land verlassen und der andere sich bereits erholt hat, gar keine neuen gibt.
Der Unterricht wird am 4. Mai wieder anfangen, die Lehrerinnen nehmen bereits am 27. April ihre Arbeit auf, und viele der Mädchen werden auch jetzt wieder zurückkommen. Allerdings existieren Beschränkungen, weshalb vorerst bloß der zweite Jahrgang Unterricht haben wird.

Nun möchte ich noch kurz von unserem störenden Fake-news-Zwischenfall berichten. Seit einigen Wochen kursiert hier ein Film, angeblich über den Corona-Virus, der die Menschen zutiefst verstört. Es handelt sich, wie mein Bruder auf meine Nachfrage herausfinden konnte, um den ersten Teil der Hallmark-Serie "Pandemic" aus dem Jahr 2007, den irgendjemand so manipuliert hat, dass der Datei-Titel "Corona-Virus Pandemic" lautet. LEIDER sind die Informationen aus der Außenwelt hier sehr beschränkt, was dazu beiträgt, dass die Menschen auf so etwas hereinfallen und große Angst vor einer Pandemie haben, die es so gar nicht gibt. Unglücklicherweise wird der Film auch von den Krankenschwestern verbreitet, welche die Menschen dazu bringen wollen, sich aus Angst an die Hygienevorschriften zu halten. Gemeinsam mit den Don Bosco-Schwestern verbreite ich nun die Gegeninformationen - eben dass es sich bei dem Film um einen Spielfilm von 2007 handelt, aber das ist gar nicht so einfach, denn dieser Film hat sich mit erschreckender Geschwindigkeit ausgebreitet! Trotzdem bleiben wir natürlich dran. Solche Fake News erschaffen bloß unnötige Panik!

Na ja, wir haben trotzdem eine schöne Zeit! Am Mittwoch sind wir mit den 26 Mädchen und den Schwestern mit dem Miva-Boot auf eine der umliegenden Inseln gefahren (Sensation: mir ist NICHT schlecht geworden!) und haben dort gegessen und sind geschwommen, es war sehr schön! Das Leben geht weiter, wir lassen es uns nicht verderben.
Trotzdem hoffen und beten wir, dass bald wieder vollständige Normalität einkehrt.
Bis demnächst!
Live Jesus Choose Joy!
Weronika


P.S.: Nach Verfassen dieses Beitrages wurde bekanntgegeben, dass doch wieder ALLE Schülerinnen am 4. Mai beginnen werden - hoffentlich bleibt das so!

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